III. zur Beweiswürdigung durch Historiker und den Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages


1.Zum Grundsatz

Die Geschichtswissenschaft arbeitet wie strafgerichtliche Urteile mit Beweisen und zieht daraus wie ein Gericht Schlussfolgerungen. Zu Recht wird verlangt, dass die Beweise „hieb- und stichfest“ sein müssen. Alle für eine Beweisfrage maßgeblichen Beweise müssen bewertet werden. Die Schlussfolgerungen müssen sich aus den bewiesenen Tatsachen ergeben im Sinne einer nachvollziehbar dargelegten Überzeugung des Historikers oder des Richters. Dabei müssen Vorgaben aus Gesetzen eingehalten und gesichertes Erfahrungswissen (Erfahrungssätze) beachtet werden. Zeugenaussagen sind mit den Methoden der Aussagepsychologie zu bewerten. Diese erbringen zwar keine exakte Richtigkeit wie eine naturwissenschaftlich begründete Erkenntnis. Die Aussagepsychologie belegt die Plausibilität der Zeugenaussagen und soweit sie als Erfahrungsregel verfestigt ist die begründete Wahrscheinlichkeit, dass eine so geprüfte Zeugenaussage der Wahrheit entspricht (zu allem Brause Neue Zeitschrift für Strafrecht 2007, S. 505,506 mwN).

Aufgabe der Geschichtswissenschaft ist die Ermittlung der Geschehnisse in der Vergangenheit. Soweit eine einzelne Person, wie hier Erwin Rommel betrachtet wird, ist herauszuarbeiten: was hat er getan, was hat er unterlassen und warum? Maßgeblicher Maßstab für die Bewertung der Handlungen und Unterlassungen sind zunächst seine rechtlich begründeten Pflichten. Ein Berufssoldat wie Rommel hatte selbstverständlich Kriegsdienst zu leisten und dabei die Regeln der Haager Landkriegsordnung (HLKO) zu beachten. Es ist eine wichtige Aufgabe der Geschichtswissenschaft und der Rechtswissenschaft, Kriegsverbrechen und Verbrechen Rommels gegen die damalige, im Sinne der Radbruchschen Formel bestandsfeste Rechtsordnung festzustellen. Das geschieht in dieser Ausarbeitung auch unter Beachtung der Strafbarkeit nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 aus der Nachkriegszeit, obwohl dieses Gesetz Zweifel wegen einer verbotenen Rückwirkung ausgesetzt ist. Diese werden hier nicht aufgegriffen und gewürdigt.

Es gilt zu beachten: Die Rechtsstellung eines zum Kriegsdienst Verpflichteten wurde grundsätzlich nicht dadurch geändert, dass der Kriegsherr verbrecherische Ziele verfolgte. Nach gegenwärtigem deutschen Recht ist ein verbrecherischer Befehl nach § 11 Soldatengesetz und § 22 Abs. 1 Wehrstrafgesetz zu Recht unverbindlich. Eine solche Regelung gab es aber bei keiner Kriegspartei des 2. Weltkriegs. Damals waren in allen Armeen alle Befehle verbindlich. Eine strafrechtliche Schuld eines Soldaten konnte deshalb nur begründet werden bei individuellem Rechtsbruch, also nicht etwa durch bloße Befolgung eines Angriffsbesfehls für einen Eroberungskrieg, aber sehr wohl durch selbständige Ausarbeitung eines solchen Befehls. So behauptet auch heute zu Recht niemand, dass die in der Ukraine im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg kämpfenden Russen allein wegen Erfüllung der Pflicht zum Kriegsdienst alle Kriegsverbrecher sind. Nur etliche deutsche Sozialwissenschaftler und Publizisten formulieren Solches für alle deutsche Soldaten der Wehrmacht und für Rommel.

Manche deutsche Historiker haben das Aufgabenfeld der Geschichtswissenschaft erweitert. Sie kontextualisieren. "Erhellt werden muss neben der Person Rommel das vielfältige Geschehen rund um ihn" (Sozialwissenschaftler Dr. Wolfgang Proske aaO S. 153). Dabei werden Eventualitäten formuliert und bestenfalls Wahrscheinlichkeiten ermittelt, falls Solches auf einer zutreffenden Beweiswürdigung aufgebaut wird: Was wäre geschehen, wenn Rommels Panzerarmee in Nordafrika gegen die britische 8. Armee obsiegt hätte? Hätte Rommel die Vernichtung der Juden angeordnet, wenn Hitler das von ihm verlangt hätte?

Es steht natürlich jedem frei, sich mit diesen oder ähnlichen Fragestellungen zu befassen. Die Antworten können durchaus erkenntnisfördernd sein. Klar ist indes jedenfalls, dass mit der Bejahung einer Eventualität oder einer Wahrscheinlichkeit keine Verbrechensschuld begründet werden könnte. Es fehlte an der für die Annahme eines Verbrechens denknotwendigen Tat oder an einer strafbaren Vorbereitungshandlung.

Es kann indes nicht Aufgabe der Geschichtswissenschaft sein, das Handeln der Vorfahren nach heutigen, als zutreffend gehaltenen Politik- und Moralvorstellungen zu bewerten. Das wäre eine verbotene Rückwirkung. Die heute propagierten Werte wie Pazifismus, Antimilitarismus, Nachhaltigkeit, Diversität, erwünschte Immigration und Wertepluralismus waren den Vorfahren gar nicht bekannt. Möglich ist eine Bewertung des Handelns der Vorfahren nach dem Sittengesetz und den damaligen anerkannten Glaubensvorstellungen. Entsprach etwa die Kriegsführung der evangelischen oder katholischen Glaubenslehre? Für die Beantwortung dieser Frage sind indes Religionswissenschaftler berufen.


2.zu einzelnen Veröffentlichungen


a) Militärhistoriker Dr. Peter Lieb Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte VfZ 2013 S. S. 303 bis 343

Erwin Rommel Widerstandskämpfer oder Nationalsozialist?

Bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Fachzeitschriften gibt es eine wissenschaftliche Kontrolle des jeweiligen Autors durch die wissenschaftlich ausgebildete Redaktion. In Deutschland ist die Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte neben der 1859 gegründeten Historischen Zeitschrift das am höchsten angesehene geschichtswissenschaftliche Publikationsorgan (vgl. auch Kellerhoff/Möller Die Welt 4.12.2015, die berichten, dass die Veröffentlichung eines Artikels, in welchem Franz-Josef Strauß als Spion der USA während des Krieges gewürdigt wurde, wegen Unwissenschaftlichkeit zwei Mal zurückgewiesen wurde).

Herausgeber dieser Zeitschrift ist kein interessierter Privater. Die Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte (VfZ) ist das zentrale Forum der Zeitgeschichtsforschung des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin. Dieses besteht seit Mai 1949 und wurde von der Bundesrepublik Deutschland und den Bundesländern als Stiftung Bürgerlichen Rechts gegründet (und finanziert). Es hieß ursprünglich "Deutsches Institut für Geschichte der nationalsozialistischen Zeit". Der Stiftungsrat besteht aus hochrangigen Mitarbeitern aus Landes- und Bundesministerien und beurteilt das Programm und die Publikationen des Instituts.

Die Wissenschaftlichkeit der Publikationen wird im Einzelfall gesichert durch peer reviewed Verfahren. Das bedeutet, dass vor der Veröffentlichung die Wissenschaftlichkeit einer Arbeit durch unabhängige Gutachter aus dem gleichen Fachgebiet bestätigt wird. Das geschah auch hinsichtlich des grundlegenden Aufsatzes von Dr. Lieb in VfZ 2013, S. 303 ff. über Rommel. Die verwendeten Quellen wurden durchweg einer kritischen Prüfung unterzogen und hinsichtlich ihres Beweiswerts abgewogen. Die Beweiswürdigungen und Schlussfolgerungen entsprechen überwiegend sogar den Anforderungen eines schuldspruchbegründenden Strafurteils. Deshalb ist für mich der Aufsatz von Dr. Peter Lieb in der VfZ 2013 S. 303 ff. weitestgehend überzeugend. Davon ausgenommen ist die Annahme von Dr. Lieb, es hätte für Rommel die Alternative "Volksgerichtshof" gegeben (siehe hier oben unter II. Der Tod Rommels und unter V. Erwin Rommel und der "Widerstand" - eine juristische Subsumtion III. 1.). Kritikwürdig ist auch, dass die in den Veröffentlichungen von Prof. Dres. h.c. Manfred Rommel wiedergegebenen Aussagen Erwin Rommels nicht in die Würdigungen einbezogen werden. Zwar ist in der Aussagepsychologie eine verwandtschaftliche Verbundenheit als mögliches Falschaussagemotiv anerkannt. Gleichwohl werden von den Gerichten Aussagen von Verwandten nach deren notwendigen kritischen Prüfung zur Überwindung des Falschaussagemotivs als Beweismittel anerkannt. Das muss auch für die Geschichtswissenschaft gelten. Schließlich hatte es Lieb unterlassen, die Vorbereitung der Frontöffnung durch Rommel näher zu würdigen. Dabei handelte es sich um einen strafwürdigen Hochverrat. Der stellte einen glatten Bruch des Soldateneids durch Rommel dar und hatte diesem eine größere Überwindung abverlangt als etwa das Unterlassen der Meldung eines Attentatsplans auf Hitler (Einzelheiten unten V. Widerstand IV 2.)

Die Ausarbeitung von Dr. Lieb hat auch - wie schon dessen zuvor erschienene preisgekrönte Dissertation "Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44" De Gruyter 2007 - die vollständige Billigung des einzigen Lehrstuhlinhabers für Militärgeschichte in Deutschland Professor Dr. Sönke Neitzel von der Universität Potsdam gefunden. Dieser schrieb dem Verfasser am 24.6.2022: "Aus meiner Sicht gibt es wissenschaftlich nichts Besseres zu Rommel als den Aufsatz von Kollegen Lieb."

Die hier vorgenommene Beurteilung des Aufsatzes von Dr. Lieb aus 2013 wird bestätigt durch den Umstand, dass nicht eine "Gegenveröffentlichung" auf dem wissenschaftlichen Niveau des Dr. Lieb von 2013 bis heute erschienen ist. Die seit 2011 im Kohlhammerverlag angekündigte Rommelbiographie durch den besonders engagierten Rommelkritiker Prof. iR Dr. Peter Steinbach ist nicht erschienen. Der Kohlhammerverlag hat schon vor mehreren Jahren die dafür vorgesehene Publikationsreihe eingestellt. Ein Buch Steinbachs über Rommel im Umfang von 150 Seiten ist nunmehr erneut im Kohlhammerverlag für den 31.12.2024 angekündigt.

Die Veröffentlichungen des Bachelors Daniel Sternal Erwin Rommel - Ein Mythos wankt (Gerstetten 2017; siehe dazu im Einzelnen unter VII) und die von Prof. i.R Dr. Wolfram Wette in der Webseite der Stadt Heidenheim ignorieren die Ausführungen Dr. Liebs.

Soweit Prof. iR Dr. Wette in Die Zeit Nr. 30 2020 S. 17 ausführt: "Und sein (Rommels) Feldzug in Afrika "Aufrecht, ritterlich und tapfer"? So stellten es zwar selbst die Alliierten dar, wohl um ihren Sieg über den deutschen Vorzeigehelden noch heller erstrahlen zu lassen", offenbart das einen Denkfehler. Einen ritterlichen Gegner zu besiegen, der sich an Regeln hält, fällt nämlich leichter als gegen einen Gegner zu obsiegen, der unerlaubte Mittel anwendet. Die von den Briten und US-Amerikanern Rommel zugeschriebenen Eigenschaften "aufrecht und ritterlich" sind demnach völlig ungeeigenet, die militärischen Leistungen der Alliierten zu überhöhen. Die von Prof. iR Dr. Wette formulierte Vermutung, die Überhöhung Rommels durch die Alliierten sei interessengeleitet zur Steigerung des Ansehens eigener militärischer Erfolge geschehen, ist demnach haltlos. Zur notwendigen und berechtigten Kritik an Prof. iR Dr. Wette im Einzelnen siehe unter VII 1 bis 6.

Auch der weltweit schärfste Rommelkritiker, der Sozialwissenschaftler Dr. Wolfgang Proske vermeidet inhaltliche Auseinandersetzungen. Er sieht den "fatalen Eindruck" als gehe es bei der Veröffentlichung von Dr. Lieb aaO um einen 'Rollback' in das Rommelverständnis der 1950er Jahre" (Proske aaO S. 155). Die von Lieb vorgelegten Beweise ignoriert Dr. Proske. Er hält auch in späteren Publikationen die Kriegsverbrecherthesen und Angriffskriege/Überfälle entgegen den Feststellungen im maßgeblichen Urteil des Internationalen Militärgerichtshofs (Nürnberger Urteil) vom 30.9./1.10.1946 aufrecht. Am 19.9.2022 erklärte er in der Heidenheimer Zeitung lapidar, Dr. Lieb vertrete "geschichtsrevisionistische Thesen" (dazu im Einzelnen unten VI 4 d) Das führt dazu, dass die rommelkritischen Veröffentlichungen dieser drei Autoren wissenschaftlichen Anforderungen nicht genügen.


b) Buchautor Maurice Philip Remy

Mythos Rommel (München 2004)

Ähnliches wie für den Aufsatz von Dr. Lieb gilt für das Buch von Remy. Dieser Autor ist zwar kein studierter Historiker, verfügte aber über einen Kreis angesehener Fachleute als Berater und Zuarbeiter (Remy aaO S. 414 bis 416). Remy zitiert – wenn auch untypisch nach den Seiten im Text – seine Quellen mit wörtlichen Wiedergaben und stellt in Endnoten zu komplexen Fragestellungen eigene Beweiswürdigungen an. Die von Remy wörtlich zitierten und bewerteten Quellen ist die umfassendste Sammlung aller relevanten Beweise. Die Echtheit der Quellen (Beweise) wird in der Literatur im Einzelnen von niemandem bestritten. Es werden nur allgemeine Vorbehalte gegen die Glaubhaftigkeit der Bekundungen von Zeitzeugen erhoben. Diese Vorbehalte sind nicht überzeugend. Vor jedem deutschen Gericht werden "Zeitzeugen" vernommen und deren Aussagen nach kritischer Prüfung verwertet. Das muss auch in der Geschichstwissenschaft so sein. In den Beweiswürdigungen hinsichtlich der mitgeteilten Zeugenaussagen fehlt bei Remy allerdings ein mögliches Motiv für Falschaussagen: Alle Militärangehörigen, die Mitwisser von Rommels NS-kritischer oder gar aufständischer Einstellung waren, konnten sich einige Zeit nach Kriegsende durch ihre Bekundungen als wichtig und „auf der richtigen Seite stehend“ darstellen. Sie waren hierdurch auch in gewissem Sinn Widerständler. Dieses Falschbelastungsmotiv halte ich aber für ausgeschlossen. Die Quellen sind vielfältig. Sie stammen von Männern verschiedener Grundauffassungen und werden durch andere Quellen bestätigt.

Remy aaO S. 378 Endnote 286 sieht es als erwiesen an, dass Rommel am 9.7.1944 dem Attentat zugestimmt und sich der neuen Regierung zur Verfügung gestellt hatte. Dem folge ich nach kritischer Prüfung der einschlägigen Aussagen nicht (Kapitel V Widerstand vor allem IV 1 b) und e)). Bewiesen ist, dass Rommel von einem Attentatsplan Kenntnis hatte und diesen zum Schutz Hitlers nicht weitergemeldet hat. Ferner ist bewiesen, dass Rommel die Frontöffnung in Frankreich selbständig vorbereitet hat (Kapitel V Widerstand IV 2). Das beschreibt Remy aaO S. 283 bis 286 mit Belegen in Endnote 286 überzeugend, indes ohne hierin zwei Hochverratshandlungen Rommels zu sehen. Kritikwürdig ist, dass selbstbelastende Äußerungen Erwin Rommels gegenüber Manfred Rommel nicht in die Beweiswürdigung einbezogen worden sind.

c) Christian Schweizer/Peter Lieb in Jörg Hillmann/Peter Lieb (HG.) 20. Juli 1944 Neue Forschungen zum Widerstand gegen Hitler ZMS Bw Potsdam 2019" S. 63 ff.

In ihrem Aufsatz "Rudolf Hartmann und der militärische Widerstand in Frankreich" aaO S. 63 ff. würdigen die Autoren die neu entdeckten Bekundungen des Widerständlers Dr. h.c. Rudolf Hartmann (damals Oberstleutnant und Quartiermeister des Militärbefehlshabers in Frankreich und später Präsident der Deutschen Zentralgenossenschaftskasse in Frankfurt) über Rommel. Deren Inhalt wird von den rommelkritischen Autoren nicht bewertet. Nachdem die Einschätzung Hartmanns über Rommel, dieser sei "Träger des Putsches in Frankreich" gewesen, nicht nur auf Selbsterlebtem beruhte sondern auch Hörensagen als Quelle möglich ist, reichen die Bekundungen Hartmanns für ein eindeutiges Urteil nicht aus. Nach Angaben des Ohrenzeugen Manfred Rommel war Erwin Rommel gegen ein Attentat (Manfred Rommel 1944 Das Jahr der Entscheidung aaO S. 203; übereinstimmend mit Hans Speidel Invasion 1944 S. 92 Ein Beitrag zu Rommels und des Reiches Schicksal Tübingen/Stuttgart 3. Aufl. 1951 S. 92, 126). Indes bewerten die Autoren die Bekundungen Hartmanns in einer Gesamtwürdigung mit Verhörergebnissen der Gestapo (bekannt durch Bormann) und Verhör- und Abhörprotokolle in britischer Gefangenschaft (Eberbach) in einer Gesamtschau. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass "Rommel sich vor dem 20. Juli auf die Seite der Verschwörer gestellt hat (aaO S. 75). Allerdings fehlt auch hier eine nähere Betrachtung der Handlungen Rommels für eine Vorbereitung der Frontöffnung. Die notwendigen Einordnungen und Bewertungen über Rommels Haltung zum "Widerstand" werden hier unter V. in der nach von Strafgerichten einzuhaltenden Beweiswürdigungen aufgebauten Ausarbeitung "Erwin Rommel und der "Widerstand" - eine juristische Subsumtion" vorgenommen. Darauf wird verwiesen.


d) Historiker Ralf Georg Reuth

und zur Bedeutung von David Irving: Rommel Eine Biographie Hamburg 1978

Reuths Buch trägt den Titel: Rommel Das Ende einer Legende (2. Aufl. München 2012).

Die Anforderungen hinsichtlich vollständiger Quellenbetrachtung und – bewertung erfüllt dieses spannend geschriebene Buch nicht. Es folgt den Einschätzungen der wirkmächtigen Rommelbiographie von David Irving aus dem Jahr 1977 (auf deutsch: Rommel Eine Biographie Hamburg 1978), in der Rommel Treue zum Führer bis zum Lebensende bescheinigt wurde. Aus heutiger moralgeleiteter Sicht erstaunt, dass deutsche Historiker und Geschichtsdarsteller Irvings Buch überhaupt ernst genommen hatten. Zuvor hatte Irving nämlich in "Hitler's war" behauptet, Hitler hätte bis Herbst 1943 vom Holocoust nichts gewusst. Nach heutigen Maßstäben hätte nach einer solchen Vorlage so gut wie niemand mehr ein Buch Irvings gekauft, und niemand hätte es wohlwollend besprochen oder gar überschwänglich gelobt. Zwar sind diese Maßstäbe falsch, weil es auf den Inhalt eines Buches ankommt und nicht auf eine von dessen Autor später begangene, ihn als Historiker disqualifizierende Straftat (ähnlich Lieb VfZ aaO S. 330). Indes ist die Rommelbiographie Irvings nicht wissenschaftlich. Beweiswürdigungen fehlen völlig oder sind lückenhaft. Der Autor von "Rommel und die Invasion" (Stuttgart 1959) Friedrich Ruge schrieb in der FAZ vom 9.2.1979 zu Recht: "Irving kann schreiben, er bringt lebendige Einzelheiten, aber es ist Glückssache, ob sie stimmen, denn er hat eine blühende Phantasie. Was dabei herauskommt, ist Roman, nicht Geschichte." Christopher Dowe und Cornelia Hecht haben in Geschichtswissenschaft Band 25 (Berlin 2016) S. 129 bis 160 unter dem Titel "Von Mythen, Legenden und Manipulationen David Irving und seine verzerrenden Deutungen von Erwin Rommel, Hans Speidel und Cäsar von Hofacker" sogar absichtliche Fälschungen Irvings nachgewiesen (aaO S. 154 bis 157). Wilhelm Ritter von Schramm, der Autor von "Aufstand der Generale Der 20. Juli 1944 in Paris" (München 1964), hatte in Die Welt vom 14.11.1978 unwidersprochen auf Irvings Plagiate "Dutzende von Seiten, teilweise wörtlich aus "Aufstand der Generale"" ohne Zitierung hingewiesen.

Jedenfalls sind die Erkenntnisse aus Irvings Rommelbiographie von 1977 durch nachfolgend veröffentlichte Forschungsergebnisse und Darstellungen, auf die hier im Einzelnen eingegangen wird (Manfred Rommel 1998 und 2010; Remy 2004 und 2007; Neitzel 2007; Lieb 2007, 20013, 2018 (Krieg in Nordafrika); von Kayserlingk-Rehbein 2018; Schweitzer/Lieb 2019; Kellmann 2023) sowie die hiesigen Ausführungen widerlegt.

Dagegen erkennt der weltweit schärfste Rommelkritiker, der Sozialwissenschaftler Dr. Wolfgang Proske in Täter Helfer Trittbrettfahrer Band 3 3. Aufl. Gerstetten 2016 S. 153, 161 FN 34: "ohne dass es an die große Glocke gehängt wird, basieren alle neueren Veröffentlichungen über Rommel auf den Forschungsergebnissen von David Irving. Doch ist Irving inzwischen nachweislich Rechtsextremist....Nachdem 2001 eine seiner Klagen in London abgewiesen wurde, darf er "Geschichtsfälscher, Antisemit und Rassist" genannt werden". Was das zu bedeuten hat, wird nicht gesagt. "Forschungsergebnisse" Irvings außerhalb der FN 34 werden von Dr. Proske jedenfalls nicht zitiert. Sie bilden indes weiter die Grundlage von Proskes Ausführungen. Das ist wiederum unwissenschaftlich, weil Irvings Erkenntnisse nicht allgemeinkundig sind und schon 2013 größter und überzeugender Kritik ausgesetzt waren. Jeder Autor, der sich auf Irving beruft, müsste dessen fehlende Begründungen nachliefern. Das geschieht indes nicht.

Das Buch von Reuth enthält interessante Details. Indes fehlen viele, bereits in den früher erschienenen Büchern von Remy und Neitzel verarbeitete Quellen. Etliche Beweiswürdigungen sind unvollständig. So kann man Briefe Rommels nach dem 20. Juli 1944, in denen Hitler gelobt wurde, nicht als Beweis von Rommels „Führerliebe“ werten, wie dies Reuth (aaO S. 97 ff ) annimmt. Rommel hatte, nachdem etliche Widerständler ihn besucht und jetzt in Haft oder schon hingerichtet waren, mit dem Schlimmsten zu rechnen. Rommel äußerte am 11.10.1944 (3 Tage vor seiner Ermordung) gegenüber Vizeadmiral Ruge: "Und ich weiß, dass ich nicht lebend hinkommen würde". Gemeint war eine vom OKW gewünschte Reise Rommels nach Berlin. Rommel befürchtete, während dieser Reise durch einen "Unfall" ums Leben zu kommen (Friedrich Ruge Rommel und die Invasion Stuttgart 1959 S. 238 f.). Die Bewertung der Unterredung Rommels mit von Hofacker durch Reuth (aaO S. 219 ff.) ist weitgehend spekulativ.


e) Manfred Wichmann in Rommel LeMo (Lebendiges Museum Online www.dhm.de vom 14.9.2014)

Die in Stichworten verfasste Biografie Rommels ist teilweise unvollständig und enthält Fehler. Es fehlt der von Rommel missachtete Haltebfehl Hitlers nach der 3. Schlacht bei El Alamein. Die Handlungen und Unterlassungen Rommels im Juli 1944 werden nicht dargestellt und bewertet. Die Behauptung., Rommel sei "aus Kreisen der Wehrmachtsführung der Beteiligung am Widerstand beschuldigt" worden, trifft nicht zu, genausowenig wie die Behauptung, Rommel hätte den Befehl erhalten, "sich beim OKW zu melden, um sich vor dem Volksgerichtshof zu verantworten." Die Entschließung Rommels zur Gifteinnahme wird unzutreffend nur hinsichtlich dem Überbringen der Anschuldigungen in Bezug gesetzt. Das Deutsche Historische Museum wird von Steuergeldern finanziert. Eine hierdurch gebotene Qualiltätskontrolle hat offensichtlich nicht stattgefunden. LeMo wurde am 10.4.2024 per Mail auf diese Kritikpunkte hingewiesen. Mit Mail vom 19.4. wurde eine Prüfung zugesagt.



f) Thomas Fischer planet-wissen.de SWR 30.9.2020

Rommel und der Widerstand; war Rommel 1944 noch Hitlers treuer Soldat oder doch Sympathisant des Widerstands?

Dieser Beitrag ist äußerst oberflächlich. Er schöpft die angegebenen Quellen nicht aus und verharrt auf der "Antwort", "man weiß es nicht". Eine inhaltliche oder gar wissenschaftliche Kontrolle durch den von den Gebührenzahlern finanzierten Südwestrundfunk hat offensichtlich nicht stattgefunden. Diese Kritik wurde dem SWR am 10.4.2024 per Mail mitgeteilt. Eine Antwort erfolgte nicht.


g) ZDF Terra X 21.1.2021

Die ZDF-Sendung Terra X vom 21.1.2021 über Rommel trägt den reißerischen und falschen Titel: Streitfall Rommel Vorbild oder Verbrecher? Diese Fragestellung wird in dem Film überhaupt nicht aufgegriffen. Weder werden Verbrechen Rommels dargestellt, noch werden Erwägungen mitgeteilt, inwiefern Rommel ein "Vorbild" sein könnte. Der Film endet mit der Betrachtung, ob Rommel Karrieresoldat oder Widerständler war und erklärt diesen "Streitfall" als ungelöst mit einer Wahrscheinlichkeit, dass Rommel beides war. Auch die Gegenüberstellung der Begriffe Karrieresoldat und Widerständler ist falsch. Karrieresoldat war Rommel sicher. Das begründet keine Alternative zum Widerständler. Die Angehörigen des militärischen Widerstands waren durchweg Karrieresoldaten. Prof. Dr. Sönke Neitzel rechnet Rommel zum Widerstand, weil er die Frontöffnung im Westen vorbereitet und gegenüber General Eberbach die Beseitigung Hitlers als notwendig erklärt hatte. Der Historiker Ralf Georg Reuth kommt zu Wort mit seiner Auffassung, dass ein Ultimatum an Hitler und eine Abkehr Rommels von ihm Rommels Charakter widersprochen hätte. Es wird angenommen, dass das Todesurteil für Rommel sich aus einer Verhandlung des Ehrenhofs ergeben hätte. Das kann nur das dortige Verfahren gegen Generalleutnant Dr. Speidel vom 4.10.1944 gewesen sein (im Einzelnen hierzu unter V. Widerstand FN 17). Das überzeugt nicht. Speidel war schon am 7.9.1944 verhaftet und mehrere Tage verhört worden. Eine Belastung Rommels durch Speidels Aussage, er hätte Rommel den ihm zur Kenntnis gekommenen Attentatsplan Rommel gemeldet, stammt dann bereits von Anfang September und war am 4.10.1944 für die Gestapo und den SD keine Neuigkeit mehr. Goebbels und ganz sicher auch Hitler hatten bereits am 3.8.1944 von einer "Mitwisserschaft" Rommels gewusst, ohne dass gegen Rommel etwas unternommen worden war (im Einzelnen hierzu V. Widerstand IV 1 d)). Der etwas plakativ gestaltete Film ist also keineswegs misslungen. Er löst aber auch sicher nicht den sich aus den Rundfunkbeiträgen und dem Selbstverständnis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ergebenden hohen Qualitätsanspruch ein.

Das ZDF wurde mit Mail vom 10.4.2024 auf die Kritikpunkte hingewiesen. Es folgte eine anonyme (ohne Kenntlichmachung eines Mitarbeiters), offensichtölich automatisch generierte Eingangsbestätigung des "Zuschauer Service ZDF" vom 17.4. mit folgenden "Nachrichten": "Die Kritik wird in die tagesaktuelle Auswertung der Zuschauerrektionen aufgenommen. Diese wird der verantwortlichen Redaktion und einem weiten Empfängerkreis in unserem Hause, inklusive der Geschäftsleitung, übermittelt und dort in der internen Auseinandersetzung mit dem Programmangebot berücksichtigt." Das ist lediglich ein gestelzter Textbaustein und passt zu dem besserwisserischen Auftreten dieser dank stets vollstreckbarer Rundfunkgebühren komfortabel ausgestatteten Anstalt des öffentlichen Rechts.

h) Prof. Dr. Simone Derix (FAU Erlangen) 1.2.2022

Stark kritikwürdig ist der nur online zur Verfügung stehenden Vortrag https://www.fau.tv/course/id/2773 von Professorin Dr. Simone Derix (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen) vom 1.2.2022: "Einfach nur ein General? Erwin Rommel und militärisches Gedenken im öffentlichen Raum". Wegen fehlender Dokumente und angeblicher Wertlosigkeit von Indizien ("mit Indizien arbeite ich ungern") gehöre Rommel nicht zu "Vertretern des Widerstands". Das ist Erkenntnisverweigerung. Von deutschen Strafgerichten werden auf Grund von Indizien, das sind mittelbare Beweise, lebenslange Freiheitsstrafen wegen Mordes verhängt. Solche Urteile haben vor dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht Bestand. Dann kann es nicht angehen, dass in der Geschichtswissenschaft der Indizienbeweis außen vor bleiben darf. Die deutsche Kriegsführung in Nordafrika zählt Professorin Dr. Derix entgegen dem Nürnberger Urteil zum "Bestandteil des Vernichtungsfeldzugs" und sieht auf Grund nebulös gebliebener "Kontextualisierungen" eine große auch Rommel belastende "Gewaltdimension" zum Nachteil der Zivilbevölkerung. Ohne Begründung wird Rommels "Gesindelbefehl" als ein Aufruf zu Verbrechen in Italien bewertet (im Einzelnen dazu siehe unten VI 10).

In der Sache handelt es sich also um keine geschichtswissenschaftliche sondern um eine erinnerungspolitische Ausarbeitung.

Der Universitätsarchivar Dr. Clemens Wachter hat mit Mail vom 19.1.2024 mitgeteilt, dass meine Erwägungen in die biografische Sammlung des Universitärsarchivs betreffend Erwin Rommel aufgenommen werden. Professorin Dr. Derix wurde diese Würdigung ebenfalls zugeleitet. Eine Antwort erfolgte nicht.


i) Onlineportal Zukunft braucht Erinnerung 28.6.2022

Nazi oder Widerständler - das Mysterium vom "Wüstenfuchs" Erwin Rommel
Es handelt sich um eine überwiegend sachliche, der Quellenlage gerecht werdende Darstellung mit einzelnen Fehlern. Die Autoren übersehen, dass Rommel Vorbereitungshandlungen zur Öffnung der Westfront getroffen hatte. Rommel hatte auch nicht in Nordafrika "kapituliert". Er war schon zwei Monate vor der Einstellung der Kämpfe der deutschen Truppen nach Deutschland zurückbefohlen worden. Es wird verschwiegen, dass Rommel mit seiner Ermordung rechnete. Es gab auch keinen Befehl, dass sich Rommel "beim OKW melden und vor dem Volksgerichtshof verantworten" soll.

Die Redaktion wurde am 9.4.2024 per Mail auf diese Umstände hingewiesen. Eine Antwort erfolgte nicht.



3.Zum Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages


a) unzutreffende Bewertung Erwin Rommels


(1) "irgendein aktives widerständisches Verhalten nicht nachgewiesen"

Auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages, die neben dem Festvortrag von Prof. iR Dr. Wette zweite tragenden Säule der Webseite der Stadt Heidenheim über Rommel, setzt sich mit dem Aufsatz von Dr. Lieb aus 2013 und den diesem nachfolgenden Veröffentlichungen mit gegenteiligen Ansichten nicht in der wissenschaftlich gebotenen Weise auseinander.

Dessen Ausarbeitung WD 2 - 3000 -005/19 "Die Traditionswürdigkeit Erwin Rommels für die Bundeswehr" nimmt eine wissenschaftliche Zwischenstellung ein. Sie fußt nicht auf eigener Würdigung historischer Beweise (Dokumente, Zeugenaussagen). Sie ist also nicht wissenschaftlich im eigentlichen Sinn sondern verharrt weitgehend in einer Kompilation. Sie stellt Äußerungen etlicher Autoren zusammen, die sich mit der Frage befassten, ob Rommel zum "Widerstand" gehörte, ihm nahe stand oder ihn abgelehnt hatte. Eine Schwäche dieser Herangehensweise liegt darin, dass die Wissenschaftlichkeit der zitierten Äußerungen, die überwiegend nur als Zusammenfassungen wiedergegeben werden, nicht im Einzelnen geprüft werden. Extreme und unfundierte Meinungsäußerungen gewinnen so zu Unrecht die gleiche Bedeutung wie wissenschaftlich solide Erkenntnisse.

Soweit eine Auseinandersetzung im Einzelnen erfolgt, erkennt man schwere Fehler:

Auf S. 15 wird die Darlegung Liebs in VfZ aaO S. 343 ("fester Platz im militärischen Widerstand") mit der Dissertation von Linda von Keyserlingk-Rehbein (Nur eine "ganz kleine Clique?" Berlin 2018) widerlegt. Das ist in mehrfacher Hinsicht falsch.

Von Kayserlingk-Rehbein nimmt an, dass Rommel durchaus "in Verbindung mit dem 20. Juli gestanden" hatte (aaO S. 140). Sie qualifiziert Rommel zwar "nur" als "Mitwisser" (aaO S. 551), der im Oktober 1944 zum Suizid gezwungen wurde. Sie weist aber darauf hin, dass Mitwisser auch als Mitschuldige eingeordnet und zum Tode verurteilt wurden, wenn ihnen "Mitwisserschaft bzw. Nichtanzeige" vorgeworfen wurde (aaO S. 133). Das ist juristisch korrekt, wenn der Nichtanzeigende - wie Rommel - eine Garantenstellung für das Leben Hitlers hatte (im Einzelnen unten V).

"Auffällig sei zudem, dass kein einziger der drei hohen Militärs (darunter Rommel und von Kluge) durch einen Prozess vor dem Volksgerichtshof wegen Beteiligung am Umsturzversuch zum Tode verurteilt worden ist." "Die Vermutung liegt nahe (S. 140 wird weitergehend angenommen, es sei sogar "sehr wahrscheinlich"), dass das NS-Regime von der Involvierung dieser Personen (darunter Rommel) in die Umsturzplanungen wusste und sie daher in den Tod zwang, dass es diese Erkenntnisse jedoch nicht in schriftlichen Quellen wie Ermittlungsberichten oder Prozessverhandlungen festhalten wollte" (aaO S. 519). "Das Regime hatte offenbar ein gesteigertes Interesse daran, der Öffentlichkeit vorzuenthalten, dass auch sehr bekannte hohe Militärs enge Verbindungen zum Widerstand gehabt haben" (aaO S. 519). Bezüglich Generalfeldmarschall von Kluge ist dies durch eine von Kayserlingk-Rehbein aaO S. 91 und FN 234 dokumentierte Äußerung Hitlers vom 31.8.1944 sogar bewiesen. Danach sollte in den Prozessen vor dem Volksgerichtshof die Nennung von Generalfeldsmarschall von Kluge nicht öffentlich in Verbindung mit dem Umsturzversuch gebracht werden. Für Rommel hätte nichts anderes gegolten.

Wenn Rommel in die Umsturzpläne involviert war und sie zum Schutz Hitlers nicht gemeldet hatte, hätte der Wissenschaftliche Dienst nach korrekter Auswertung der Dissertation von Dr. Linda von Kayserlingk-Rehbein Rommel zum Widerstand rechnen müssen. Rommel war jedenfalls rechtlich verpflichtet, einen Attentatsplan zum Nachteil Hitlers zu dessen Schutz weiterzumelden (Siehe hier V. IV.1. und V.). Dass er das nicht getan hat, hätte 1944 zur Verurteilung Rommels wegen versuchten Mordes durch Unterlassen in Tateinheit mit Hochverrat geführt.

Von Kayserlingk-Rehbein stellt auf die Gestapo-Erkenntnisse in den der NS- Führung vorgelegten Berichten des Chefs der Sicherheitspolizei und des Reichssicherheitshauptamts Ernst Kaltenbrunner ab. In denen wird Rommel nicht ausdrücklich belastet. Wie sich indes aus den Goebbels-Tagebüchern ergibt, existierte eine gesonderte Untersuchung zur Verschwörung in Paris, die Rommel belastete. Dazu heißt es in Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil II, Bd. I 3, S. 430f., Eintrag vom 7.9.1944:

"Mir werden die Unterlagen für den Westkomplex zum 20. Juli vorgelegt. Daraus ist zu ersehen, daß General Stülpnagel völlig an diesem Verrat beteiligt war und daß er auch Kluge und Rommel mit auf seine Seite zu ziehen versucht hat. Weder Kluge noch Rommel haben seinen Einflüsterungen den nötigen Widerstand entgegengesetzt." Damit setzt sich zwar Dr. Linda von Keyserlingk-Rehbein nicht auseinander. Der Wissenschaftliche Dienst hätte das aber im Interesse der Vollständigkeit und Wissenschaftlichkeit tun müssen.

Soweit nach einem Gespräch Rommels mit dem Widerständler Generalmajor Henning von Tresckow vom 10. Juni 1943 (von Kayserlingk-Rehbein aaO S. 387 und S. 476 FN 1460) über Rommel aus einer Notiz von Jakob Kaiser mitgeteilt wurde: „hoffnungslos, kein Geist, keine Erkenntnis“ und daraus vom Wissenschaftlichen Dienst auf eine ablehnende Haltung Rommels zum "Widerstand" im Juli 1944 geschlossen wurde, ist das wissenschaftlich haltlos. Korrekterweise hätte der Wissenschaftliche Dienst alle dem 10.6.1943 nachfolgenden Zeugnisse Dritter über die Haltung Rommels und dessen eigene Äußerungen heranziehen müssen, um die Aussagekraft der Bewertung von Tresckows vom Juni 1943 für die entscheidende Zeit Juli 1944 feststellen zu können. So hatte der am 20. Juli 1944 im Hof des Bendlerblocks ohne Gerichtsverhandlung ermordete Widerständler General der Infanterie Friedrich Olbricht schon wenige Wochen nach von Tresckows Äußerung nach einem Gespräch mit Rommel gesagt: „Rommel fängt an zu sehen“ (Lieb VfZ aaO S. 332, mN FN 165).

Der Wissenschaftliche Dienst übersieht ferner die Befehlsverweigerungen Rommels, beginnend im Jahr 1942 (Lieb VfZ 2013, S. 303, 313 bis 316). Befehlsverweigerung ist ein Klassiker des militärischen Widerstands, auch wenn dieser Umstand sicher keinen direkten Beweis für eine Zugehörigkeit zum "militärischen Widerstand" im Juli 1944 erbringt. Immerhin: Einem Kommandeur, der wie Rommel Befehlsverweigerungen zum Wohl deutscher und ausländischer Soldaten begangen hat, dürfte es leichter gefallen sein, in einem größeren Ausmaß gegen die eigene militärische Führung zu handeln und im Interesse des Vaterlandes ganz die Seite zu wechseln als andere stets gänzlich „linientreu“ gebliebenen Kommandeuren.

Schließlich übersieht der Wissenschaftliche Dienst Vorbereitungshandlungen Rommels zur Öffnung der Front in Frankreich. Rommel hatte sich am 17.7.1944 der Gefolgschaft der Generäle Dietrich und Eberbach versichert, entgegen den Befehlen Hitlers handeln zu können. Das sind zwei Fälle des Hochverrats Rommels. Das begründet jedenfalls Rommels Zugehörigkeit zum Widerstand. Die Quellen hierfür wären für den Wissenschaftlichen Dienst leicht in dem schon 2002 erschienen Buch von Remy "Mythos Rommel" zu finden gewesen. Das alles wird dargelegt und begründet unter V. Erwin Rommel und der "Widerstand" - eine juristische Subsumtion. Die Annahme des Wissenschaftlichen Dienstes (aaO S. 19) "Irgendein aktives widerständisches Verhalten konnte für Rommel von der historischen Forschung bis heute nicht nachgewiesen werden," ist demnach falsch.

Das Bundesverteidigungsministerium ist der Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes in der Zuarbeit an den Deutschen Bundestag 2020 auch nicht gefolgt, genausowenig wie der Deutsche Bundestag im Beschluss vom 2.7.2020 BT Drucks. 19/20152.

Nach Vorlage der hier unter V. wiedergegebenen Ausarbeitung „Erwin Rommel und der „Widerstand“ - eine juristische Subsumtion“ (1. Auflage) hat das Bundesverteidigungsministerium mit Schreiben vom 31.8.2022 seine den Wissenschaftlichen Dienst ablehnende Auffassung noch vertieft. Es wird Bezug genommen auf die unter IV. Erinnerung wörtlich zitierten Verlautbarungen des Bundesverteidigungsministeriums.

Die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes vom Februar 2019 ist naturgemäß auch nicht mehr auf dem neuesten Stand. Es fehlen Auseinandersetzungen mit Schweizer/Lieb (siehe im Einzelnen hier unter V.), den Ausführungen in dieser Webseite sowie mit dem Aufsatz der Historikerin Dr. Katahrina Kellmann "Erwin Rommel und der 20. Juli 1944" vom 14.5.2023 (siehe nachfolgend IV).


(2) "zweifelsfrei hat Rommel allerdings auch 1943 nach dem Frontwechsel des vormaligen Verbündeten Italien zu Verbrechen an italienischen Soldaten aufgerufen" (WD aaO S.11)

Als Beleg wird einzig ein Zitat von Götz Aly aus dem Jahr 2012 herangezogen. Das ist unwissenschaftlich, weil die einschlägige gegenteilige nachfolgende Veröffentlichung von Lieb VfZ 2013 S. 303, 322 bis 324 mit dessen Nachweisen außer Betracht geblieben sind. Es geht um den Banden-oder Gesindelbefehl Rommels vom 23.9.1943. Der wird vom Wissenschaftlichen Dienst (aaO S. 11 f.) nur unvollständig zitiert und in seiner Bedeutung verkannt. In der militärischen Hiearchie wird schon nicht zu einem bestimmten Handeln "aufgerufen". Aufrufe gibt es etwa auf Demonstrationen. Bestimmte Handlungen, auch die Vornahme von Verbrechen, werden "befohlen". Letzteres erfüllt der Gesindelbefehl allerdings nicht. Eine tiefergehende Darlegung der Problematik folgt im Kapitel VI. 10.



b) Verkennung des Umfangs des Selbstverteidigungsrechts der Ukraine

Der Wissenschaftliche Dienst hat durch seine Aufsehen erregende Veröffentlichung WD 2 - 3000 -19/22 vom 16. März 2022 über die Stellung Deutschlands und anderer NATO-Staaten als Kriegspartei im verbrecherischen Angriffskrieg/Eroberungskrieg Russlands gegen die Ukraine zum Beginn des Krieges die Kriegsängste vieler Mitbürger zu Unrecht befördert. Die Ausführungen erscheinen als unfundiert und russlandfreundlich. Die Bundesregierung und der Bundestag in seinem Beschluss vom 27.4.2022 über das Gebot der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine sind dem Wissenschaftlichen Dienst auch hier nicht gefolgt. Diese Ausarbeitung des WD 2 bestätigt indiziell die fehlerhafte Bearbeitung in der Sache Erwin Rommel.

Jede juristische Subsumtion hat von einer Definition des dafür maßgeblichen Rechtsbegriffs auszugehen. Das ist hier das Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung gemäß Art 51 UN Charta. Dieses Recht steht zwar unter dem Vorbehalt eines Eingreifens des UN-Sicherheitsrats. Dieser Vorbehalt ist wegen Russlands Vetorecht obsolet (siehe nachfolgend).

Der führende deutsche Völkerrechtler Prof. Dr. DDr.h.c. Matthias Herdegen (Universität Bonn) definiert in seinem Lehrbuch Völkerrecht 22. Aufl. München 2023 S. 299 Rdn. 48:

"Das Recht auf Selbstverteidigung deckt alle Maßnahmen, die zur verlässlichen Abwehr eines Angriffs nach plausibler Einschätzung des sich verteidigenden Staates erforderlich sind."

Daran misst der Wissenschaftliche Dienst die westliche Unterstützung aber nicht. Er hat vielmehr mehrfach erwogen, wie Unterstützungsaktionen für die Ukraine von Russland verstanden werden könnten. Darauf kann es bei einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg aber nicht ankommen. Nur die objektive Rechtslage hinsichtlich der Erlangung des Status einer Kriegspartei kann ausschlaggebend sein. Die Propaganda Russlands und die Drohungen Medwedews dürfen keine Rolle spielen. Es liegen noch nicht einmal bestätigende Rechtsauffassungen russischer Rechtsexperten vor.

Auf Seite 9 der Ausarbeitung wird bei der Bewertung eines aus dem Westen kommenden Flugzeugs auf die Sicht eines russischen Radarsoldaten abgestellt, der auf seinem Gerät ein Flugzeug aus dem Westen in die Ukraine kommen sieht und das als Angriff auf die Russen deuten könnte. Das ist schon deshalb falsch, weil sich die Russen rechtswidrigerweise in der Ukraine aufhalten und keinerlei Ansprüche auf noch nicht erobertes ukrainisches Staatsgebiet haben oder auf Flugzeuge im Luftraum über der Ukraine. Russland muss zivilen Flugverkehr von ausländischen Flugzeugen über nicht russisch besetzten Gebieten von Rechts wegen hinnehmen. Die von den Russen noch nicht einverleibte Ukraine ist garantiert noch nicht russisch, der Luftraum darüber genauso wenig. Da sich Russland mit den die Ukraine unterstützenden Ländern nicht im Krieg befindet, darf Russland auf ukrainischem Gebiet rechtmäßig fliegende ausländische Flugzeuge gleichgültig ob ziviler oder militärischer Art nicht angreifen. Nur aus Gründen der Vorsicht kommt aus westlichen Ländern kein einziges ziviles oder militärisches Flugzeug. Staats- und Regierungschefs reisen wie vor 100 Jahren im Zug. Sie könnten natürlich im Flugzeug nach Kiew kommen, begleitet von ihren Jagdfliegern. Auch das wäre kein Kriegseintritt gegen Russland, sondern Personenschutz bei einer Reise in ein sich rechtmäßig wehrendes noch nicht erobertes Land, dem nicht einmal der Krieg erklärt worden ist.

Wer das, wie der Wissenschaftliche Dienst, alles ignoriert, verkennt das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine gegen einen verbrecherischen Angreifer in hohem Maße. Die Ukraine darf sich auch Waffen holen, wo sie sie bekommt. Es macht keinen Unterschied, ob auf einem ukrainischen LKW der Ukraine übereignete Munition in Polen abgeholt und ins Land gebracht wird, oder ob ein ukrainisches Flugzeug, das die Ukraine zuvor von Polen oder einem anderen Land erworben/gepachtet hat, mit ukrainischen Hoheitszeichen versehen von einem ukrainischen Piloten in die Ukraine in noch nicht von den Aggressoren besetztes Gebiet geflogen wird. Ein Land, das sich gegen einen verbrecherischen Angriffskrieg auf eigenem Territorium verteidigt, hat entgegen dem Wissenschaftlichen Dienst natürlich auch das Recht, seine Soldaten im Ausland ausbilden zu lassen an Waffen, die die Ukraine erwirbt oder pachtet. Diese Selbstverständlichkeiten, die hier seit Ende Februar 2022 vertreten wurden, haben sich entgegen der Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes nach einem Jahr Krieg als richtig durchgesetzt. Entgegen aller unsinnig gezogenen "roten Linien" ist es -wie hier seit Ende Februar 2022 für rechtlich zulässig gehalten - zur Übergabe der ersten Kampfflugzeugen von der Slowakei an die Ukraine gekommen. Auch Polen hat die ersten MIG Kampfflugzeuge übergeben. Deutschland hat die Weitergabe von aus der DDR stammenden weiteren Flugzeugen genehmigt. Die Niederlande übergaben der Ukraine F-16 Kampfflugzeuge aus US-amerikanischer Produktion.

Der Wissenschaftliche Dienst übersieht das in Art. 51 der UN Charta enthaltene Recht zur kollektiven Selbstverteidigung. Diese Vorschrift lautet:

"Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat." (abgedruckt bei Herdegen aaO S. 287).

Darauf hatte Herdegen auch in der Neuen Züricher Zeitung vom 18.1.2023 hingewiesen. Das kollektive Selbstverteidigungsrecht der Ukraine umfasste also sogar einen Verteidigungseinsatz fremder Soldaten auf dem Gebiet der Ukraine. Die Staaten, die einen solchen Verteidigungseinsatz durchführten, wären ein rechtmäßig handelnder Gehilfe der Ukraine, solange der UN-Sicherheitsrat nicht gegen den Aggressor Russland eingreift. Dazu wird es nicht mehr kommen, weil der Sicherheitsrat durch dessen Dauermitglied Russland und dessen am 27.2.2022 ausgeübten Vetorecht blockiert ist. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen wäre ein Mitglied eines Beschlussgremiums von der Abstimmung ausgeschlossen, wenn es um das eigene Verhalten und um eigene Interessen geht. Was für jeden deutschen Gemeinderat gilt, bleibt im Sicherheitsrat, wo es ja "nur" um Krieg und Frieden geht, unbeachtet. Das offenbart eine juristische Fehlkonstruktion dieses Gremiums, die trotz mancher Bemühungen noch nicht beseitigt ist (Herdegen aaO § 40 Rdn. 22 S. 354).

Aus der Zulässigkeit einer kollektiven Selbstverteidigung folgt, dass alle Waffenlieferungen - auch Taurus - und Ausbildungshilfen für die Ukraine unterschwellig und erst recht völkerrechtskonform sind (Herdegen NZZ aaO) und dass die von vielen Deutschen, vor allem dem Kanzler befürchtete Kategorie "Kriegspartei durch Waffenlieferung" völkerrechtlicher Unsinn ist. Die gelieferten Waffen dürfen auch eingesetzt werden, um auf russischem Territorium militärische Ziele zu bekämpfen (Herdegen in LTO 31.5.2024; anders und falsch Verteidigungsminister Pistorius ntv 6.9.2024 beim Besuch von Staatspräsident Selensky in Ramstein) "Russland durfte die Ukraine nicht angreifen. Und ebenso wenig darf Putin Staaten angreifen, die der Ukraine militärisch zu Hilfe eilen" (Dr. Patrick Heinemann LTO Aktuell 4/3/24). Putin steht es natürlich frei, Staaten seiner Wahl völkerrechtswidrig anzugreifen. Dagegen hülfe nur Stärke und Abschreckung, die Deutschland weder hat noch sich ernsthaft aufbauen will (insoweit ebenfalls äußerst skeptisch Prof. Dr. Sönke Neitzel Deutsche Krieger Berlin 2022 S. XII).

Jedenfalls gilt es, den hohen Wert des Selbstverteidigungsrechts zu erkennen und es nicht in übervorsichtigen Pirouetten zu zerreden wie das der Wissenschaftliche Dienst im Fall der Ukraine getan hat.


c) Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren und weitere Äußerung des WD vom 21.6.2023 WD 2 - 3000 - 016/16 Militärische Unterstützung der Ukraine: Wann wird ein Staat zur Konfliktpartei

Die vorstehenden Würdigungen der Arbeit des WD zu Rommel und dem Ukrainekrieg wurden mit Schreiben vom 8.5.2023 im Rahmen einer Dienstaufsichtsbeschwerde der Bundestagspräsidentin vorgetragen. Geantwortet hat die Leiterin des Fachbereichs WD 2 Andrea Kerstges mit Schreiben vom 1. 6.2023 (WD 2 - 000-3099) ohne im Fall Rommel auch nur auf ein Argument sachlich einzugehen. Zum Ukrainekrieg stellt Andrea Kerstges darauf ab, dass "das Völkerrecht ein sich permanent fortentwickelndes Gebilde" sei und sich der WD deshalb zu Recht vorsichtig abwägend geäußert hätte. Es mag ja sein, dass Expertinnen und Experten an dem Gebilde Völkerrecht mitmalen, aber ganz sicher nicht an Art. 51 der UN-Charta, dem Recht auf Selbstverteidigung, um das es hier geht. Das ist und bleibt ein Grundstein des Völkerrechts, unbeeinflussbar von jeder politisch gewünschten Ausmalung. Auf meine Gegenvorstellungen vom 9.6.und 15.7. 2023 erfolgte unter dem 27.7. 2023 eine am 11.8.2023 eingegangene weitere Antwort der Leiterin des Fachbereichs 2 Andrea Kerstges. Anstatt sich in der Sache Rommel mit meinen Zitaten aus der Dissertation von Dr. Linda von Kayserlingk-Rehbein auseinanderzusetzen, wird darauf hingewiesen, dass der WD damit leben müsse, und es auch als selbstverständlich erachte, dass nicht alle zu denselben Schlussfolgerungen kommen wie der WD. Das ist die blanke Ignoranz auf Kosten der Steuerzahler.

Am 21.6.2023 hat der WD nunmehr eine juristische Kompilation zum Thema eines möglichen Kriegseintritts der die Ukraine unterstützenden Staaten im Umfang von 34 Seiten vorgelegt. Die Suche in vielen Veröffentlichungen und die Betrachtungen unter verschiedenen Aspekten führten indes zu keinem Ergebnis:

"Noch finden sich in der Völkerrechtslehre keine expliziten Rechtsauffassungen, welche die Unterstützung der NATO-Staaten zugunsten der Ukraine pauschal als eine Form der Konfliktbeteiligung bewerten. Doch lässt sich ein gewisses Unbehagen an der juristischen und rhetorischen "Orchestrierung" der westlichen Unterstützung kaum verhehlen."

Die Formulierung von "Unbehagen" ist ganz sicher keine wissenschaftliche Kategorie. Auch sonst ist die Herangehensweise stark kritikwürdig. Es kann nicht darum gehen, welche "Rechtsauffassungen" irgendjemand vertritt. Die sind erst einmal allesamt unverbindlich. Die Rechtsexperten Lawrows könnten zur Annahme einer Kriegsbeteiligung durch Panzerlieferungen neigen. Veröffentlicht haben sie das bisher nicht. Einzelne eher interessengeleitete Äußerungen hinsichtlich einer Kriegsbeteiligung bildeten noch lange keine "Völkerrechtslehre". In dem Lehrbuch von Herdegen findet man diesen Begriff nicht. Das könnte allenfalls, wie in der Rechtswissenschaft üblich, eine herrschende oder ganz überwiegende Meinung sein. Aber auch diese wäre als Rechtsquelle des Völkerrechts irrelevant. Die Quellen des Völkerrechts werden in Art 38 Abs. 1 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs genannt (Herdegen aaO S. 127 Rdn. 2). Darunter findet sich keine "Völkerrechtslehre" sondern nach d) "die Lehrmeinung der fähigsten Völkerrechtler der verschiedenen Nationen als Hilfsmittel zur Feststellung von Rechtsnormen." Der WD kann also weder Völkerrechtler noch gar deren fähigste und auch keine Völkerrechtslehre benennen.

Jenseits aller mäandernden Differenzierungen muss als das Wesentlichste festgehalten werden:

Die erlaubte Hilfe zur Selbstverteidigung ist umfassend und hinsichtlich ihrer Qualität und ihres Umfangs darauf gerichtet, die Aggression zu beenden. Das erfordert der Zweck der Selbstverteidigung: die Wiederherstellung der Souveränität über das vom Aggressor rechtwidrig besetzte Staatsgebiet und die Beendigung des durch den Angriffskieg begangenen Rechtsbruchs, dem Verstoß gegen das Gewaltverbot. Eine Belohnung eines Aggressors sieht keine Rechtsordnung vor. Eine Interpretation des Selbsthilferechts, die eine solche Belohnung beinhaltete, ist juristisch verfehlt. Soweit Andrea Kerstges in ihrem Schreiben vom 27.7.2023 die Frage der Unterstützung und Intervention von der "ungleich schwierigeren Frage, wann ein Staat selber zur Konfliktpartei" wird,trennt, ist das denkfehlerhaft. Solange die zulässige Hilfe zur Selbsthilfe nach Art. 51 UN-Charta nicht überschritten wird, ist es sachlogisch ausgeschlossen, dass ein Staat durch eine solche erlaubte Hilfe Konfliktpartei werden kann. Art. 51 UN-Charta ist hier vorgreiflich.

Eine begründete Entscheidung einer Rechtsfrage gehört zum Wesen einer rechtswissenschaftlichen Arbeit, nicht das unverbindliche Sammeln und ergebnislose Erwägen der verschiedenen Veröffentlichungen. Die Arbeit der Abgeordneten wird durch solche Gutachten nicht gefördert.

Diese Ausführungen unter b) und c) habe ich am 11.8.2023 16:38 an die Mailanschrift von Professor Dr. DDr. h.c. Matthias Herdegen Universität Bonn gesandt. Professor Herdegen antwortete am 17.8.2023 16.08 ebenfalls per Mail mit dem Universitätslogo: "haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht. Ihren Ausführungen zur Kriegsbeteiligung kann ich nur sehr zustimmen."


d) Geläuterte Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes seit 24.3.2024 in WD 2-3000-021/24 S. 6; Übernahme der hier unter b) vertretenen Auffassung

Der WD übernimmt die Position von Prof. Dr. D Herdegen und die hier unter b) vertretene Auffassung: "Ein militärisches Engagement französischer Bodentruppen zugunsten der Ukraine würde auf der Grundlage des kollektiven Selbstvertreidigungsrechts nach Art. 51 UN-Charta erfolgen und wäre damit völkerrechtlich zulässig. Eine militärische Reaktion Russlands gegen Ziele in Frankreich würde dagegen einen (völkerrechtswidrigen) Bewaffneten Angriff iS v Art. 5 NATO-Vertrag darstellen, der die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Proklamation des NATO-Bündnisfalles begründete."

Was für Frankreich gilt, ist natürlich auch für Deutschland zutreffend. Wäre die Bundeswehr einsatzfähig und Deutschland durch eine Flugabwehr geschützt, könnte der Ukraine auch mit Bodentruppen zu Hilfe geeilt werden. Es gibt keine rechtlich begründeten "roten Linien" bei der Unterstützung der Ukraine.


4.Zu den neuesten Veröffentlichungen über Erwin Rommel

a) Wikipedia

Die Darstellung Rommels in Wikipedia (Stand seit 31.12.2021) unter "Rommel und der Widerstand" überrascht durch die Vollständigkeit und Aktualität der zitierten Autoren. Offensichtlich Unwissenschaftliches bleibt außen vor. Auch wenn ich etliche Zitate nicht überprüfen konnte, sind die von mir hier verarbeiteten Quellen von Wikipedia zutreffend gewürdigt worden. In Wikipedia erfährt die Einordnung Rommels durch Dr. Peter Lieb als zum "Widerstand gehörend" eine wenn auch anonyme Stütze.


b) Webseite Schlumpberger

In der überarbeiteten Webseite https://rommel-widerstand-aktiv.de finden sich einzelne ähnliche, die hiesigen Ausführungen zum Teil ergänzende Wertungen. Sie wurden von dem 83-jährigen Autor Paul Schlumpberger auch auf der Grundlage der Erfahrungen seiner Familie in der NS-Zeit getroffen. Es ist beeindruckend, wie ein Nichtjurist und Nichthistoriker mit unbestrittenen Tatsachen, Wortsinnanalysen und logischen Schlüssen die von ihm im Kapitel VII Gedenken erkannten zahlreichen Behauptungen Dr. Proskes als "Worthülsen" analysiert. Das betrifft auch den zu Unrecht angenommenen "blitzartigen" Aufstieg Rommels vom Major zum Generalfeldmarschall (im Kapitel Kurzfassung), der verfehlte Vorhalt, Rommel sei kein "Führungsoffizier" (Kapitel VI Heidenheimer Piktogramme) sowie die unzutreffende Behauptung, Rommel sei ein gnadenlos effizienter Karrierist gewesen (aaO). Schließlich wird im Kapitel V getrübte Sicht - qualifizierte Sicht nachgewiesen, dass Prof. iR. Dr. Wette Rommel zu Unrecht in den Kontext von Wehrmachtsverbrechen an europäischen Juden einordnet. Dr. Proske hatte Paul Schlumpberger wegen eines Zwischenrufs während eines Vortrags am 8.11.2023 (siehe unten VI 7f)) scharf kritisiert. Dieser Kritik ist Schlumpberger nunmehr entgegentreten und hat die zwischenzeitlich abgeschaltete Homepage mit Verbesserungen wieder eröffnet.


c) Dr. Katharina Kellmann

Die neueste fundierte Veröffentlichung über Rommel ist der Aufsatz der Historikerin Dr. Katharina Kellmann (katharinakellmann-historikerin.de) "Erwin Rommel und der 20. Juli 1944" vom 14. Mai 2023. Dr. Kellmann wertet die gesamte wissenschaftlich beachtliche und biografische Literatur über Rommel aus und ordnet Rommel überzeugend als zum militärischen Widerstand gehörend ein. Rommel sei zum Gegner der sozialdarwinistischen NS- Ideologie (Sieg oder Tod) geworden und habe dafür mit seinem Leben bezahlt. Die zusammenfassenden Erwägungen hierfür werden im folgenden Kapitel IV. "Erinnerung" zitiert.


d) Süddeutsche Zeitung 7.10.2024 S. 20 (München/Bayern)

Der Sportjournalist und freie Mitarbeiter der SZ Max Weinhold knüpfte in zwei Beiträgen "Von Rommelheim bis Rommelkino" und "Rommelstraße umbenennen" an die Ausführungen von Prof. Dr. Simone Derix aus Erlangen an (siehe oben 2h)) und befand in der Unterüberschrift zum Rommelheim, dass "Rommel Kriegsverbrechen nachgewiesen werden konnten." Um welche Vebrechen es sich handelte, wird nirgendwo ausgeführt. Im erinnerungspolitischen Kommentar, in dem begründet wird, dass der Name Rommel im öffentlichen Raum nichts mehr verloren habe, führt er aus: "Keine Auslegungssache ist dagegen, ob der von Rommel angeführte Afrikafeldzug ein sogenannter "sauberer Krieg" war oder nicht. Er war es nicht. Und ebenso wenig ist es Auslegungssache, ob Rommel in Italien an Kriegsverbrechen beteiligt war. Er war es."

Die Aussage "kein sauberer Krieg" ist eine Meinung. Sie wird nicht begründet, auch nicht durch den Hinweis auf Prof. Dr. Derix. Deren Vortrag enthält dafür keine Begründung (siehe oben 2h)).

Der Artikel Weinholds enthält daneben die Tatsachenbehauptung "Kriegsverbrechen nachgewiesen". Im Kommentar nennt er Rommel deshalb folgerichtig "Verbrecher". Auch das ist eine Tatsachenbehauptung. Beide Behauptungen bleiben indes ohne Beleg. Die Bezugnahme auf Prof. Dr. Derix nutzt dem Autor wiederum nichts, weil deren Vortrag auch dafür keine Begründung enthält (siehe oben 2h)).

Weinhold steigerte sogar die Aussage von Prof. Dr. Derix. Diese zitiert er wie folgt: "Es sei "mittlerweile ganz klar, dass Rommel an Kriegsverbrechen beteiligt war"". Eine Beteiligung kann juristisch in einer Mittäterschaft oder einer Beihife bestehen. Das lässt Prof. Dr. Derix offen; für Weinhold ist es dagegen klar, dass Rommel täterschaftlicher Verbrecher war. Eine Begründung gibt es nicht.

Auffallend ist ferner eine Differenz zwischen dem am 4.10.2024 in der Beilage Franken der SZ veröffentlichten Artikel Weinholds über Rommel und seinem Artikel vom 7.10.2024 S. 20 in der überregionalen Ausgabe der SZ. Im ersten Artikel vom 4.10. hieß es in der Unterüberschrift:" ...galt als ehrenhafter General, bis ihm eine Beteiligung an Kriegsverbrechen nachgewiesen werden konnte". Drei Tage später wurde an nämlicher Stelle ausgeführt: "...galt als ehrenhafter General, bis ihm Kriegsverbrechen nachgewiesen werden konnten". Es handelte sich also jetzt um mehrere - allesamt nicht benannte- von Rommel begangene täterschaftliche Kriegsverbrechen und um keine bloße "Beteiligung" an solchen Verbrechen. Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Derix stand indes nur ein einziges "Kriegsverbrechen" im Raum, der "Gesindelbefehl" Rommels vom 23.9.1943, der kein Verbrechen war. Das wird hier im Einzelnen ausführlich begründet unter VI.10). Andere Verbrechen hatte Prof. Dr. Derix nicht erwähnt.

Für ein selbst ernanntes Qualitätsmedium wie die SZ sind die Ausführungen Weinholds unfassbar und disquaifiziert diese Zeitung. Nicht kritisch-begründende Darstellung historischer Vorgänge ist ihr Anliegen sondern eigene interessengeleitete Erinnerungspolitik.

Gegen diese unzutreffenden Behauptungen wurde mit Mail vom 5.10. und in einem Schreiben vom 8.10.2024 an die Chefredakteure der Zeitung unter Vorlegung dieser Webseite Gegenvorstellung erhoben. Eine Antwort erfolgte nicht. Immerhin reagierte das Presseamt der Stadt Erlangen auf meine dort ebenfalls angebrachte Gegenvorstellung. In einer freundlichen Mitteilung von dessen Leiterin wurde im Auftrag von Oberbürgermeister Dr. Janik auf die städtische Arbeitsgruppe hingewiesen, die sich mit problematischen Namensgebungen befasst. Dieser Arbeitsgruppe würde meine Eingabe zur Kenntnisnahme weitergegeben. Weitere Einzelheiten zum Inhalt des Artikels in der SZ folgen unter IV Erinnerung.


e) Schwäbische Zeitung 11. Oktober 2024

Unter dem Titel Der Mythos lebt: Rommel, der Wüstenfuchs veröffentlichte der durch mehrere Veröffentlichungen über Rommel sachkundige Journalist Uwe Jauß einen weitgehend gelungenen Beitrag. Er knüpft an Aussagen von Friedhofsbesuchern über Rommel an und schreibt Zutreffendes über Rommels Haltung zum Kriegsrecht und zu Rommels "Gesindelbefehl" (im Einzelnen siehe die in der Sache zutreffenden Zitate im nachfolgenden Kapitel IV Erinnerung). Kritikwürdig sind allein die blass bleibenden Ausführungen zum "Widerstand". Auf Rommels Pläne zur Frontöffnung wird nicht eingegangen, obwohl Material dazu zur Verfügung stand.


f) Südkurier 12. Oktober 2024

Unter der Überschrift War der Wüstenfuchs ein Widerständler? äußern sich die Autoren Joachim Heinz und Dr. Alexander Michel, ein promovierter Historiker und Journalist des SK. Mit der Note "mangelhaft" wäre dieses Werk zutreffend benotet. Grundlage für die Beurteilung Rommels ist allein das Buch des Irving-Gefolgsmanns Ralf Georg Reuth von 2012. Das ist höchst unwissenschaftlich und ein Armutszeugnis für einen promovierten Historiker. Alle nachfolgenden Erkenntnisse von Dr. Lieb, Schweitzer/Lieb, Prof. Dr. Sönke Neitzel, Dr. Kellmann, Prof. Dr. Heinemann und meine Ausarbeitung werden übergangen. So wird dann folgerichtig die von den Autoren gestellte Frage nicht beantwortet. Das können sie nicht, weil sie nirgendwo nach Beweisen für eine Antwort gesucht haben. Dr. Michel hat auf die Vorhalte freundlich, indes deren Substanz ignorierend mit Mail vom 29.10.2024 geantwortet.

g) Südwestpresse Ulm 12. Oktober 2024

Der Politikwissenschaftlerin und Lokalredakteurin Helga Mäckle gefällt das in Herrlingen (Blaustein) noch vorherrschende überwiegend positive Bild Erwin Rommels nicht. Unter der Überschrift Kratzer am Nimbus des Aufrechten geht sie dagegen an. Sie fand im Internet zwei Kernaussagen des Wissenschaftlichen Dienstes aus 2019: Rommel sei "nicht aktiv widerständisch" gewesen und hätte 1943 in Italien "zweifelsfrei zu Kriegsverbrechen aufgerufen". Jeder wissenschaftlich Ausgebildete hätte bei Studium der Veröffentlichung des Wissenschaftlichen Dienstes erkannt, dass es sich um keine eigenständige Begründungen des Dienstes handelte sondern um bloße lückenhafte Kompilationen. Weitere Recherchen hätten ergeben, dass weder das Ministerium der Verteidigung noch der Deutsche Bundestag dem Wissenschaftlichen Dienst gefolgt waren und dass namhafte Historiker und andere Autoren die Auffassung des Dienstes für begründet falsch halten; übrigens auch der tags zuvor erschienene Artikel zu Rommel in der Schwäbischen Zeitung.

Zum Wissenschaftlichen Dienst wird hier unter III. 3. und VI. 10. ausführlich Stellung genommen.

Rommels "Kratzer" waren ja dann auch nur der Anlass für weitergehende Ziele der Verfasserin. Sie moniert, dass Rommel sich immer noch in einem Ehrengrab befindet, für das das Land die Kosten trägt. Sie vermisst eine Diskussion über die Umbenennung der Rommelsteige und der nach Rommel benannten Kasernen. Rommelstein und eine an Rommel erinnernde Stele in der Villa Lindenhof in Herrlingen sind ja auch etwas zu viel. Rommel ist dann selbstredend auch ursächlich dafür, dass vor 20 Jahren Aufmärsche Rechtsradikaler am Todestag Rommels stattfanden. Das passt natürlich alles nicht in den verbreiteten links-grünen Zeitgeist und harrt der baldigen Beendigung. Ausführliche Begründungen dafür, dass der Wissenschaftliche Dienst in der Bewertung Rommels falsch liegt, interessieren folgerichtig nicht. Weder der Chefredakteur noch die Lokalredakteurin haben auf meine umfangreichen Einwände geantwortet.


h) Südwestrundfunk 4 15.Oktober 2024 09:44 Uhr

Die Lokalredakteure Frank Polifke (Aalen) und Catharina Staß (Ulm) äußern sich zu Rommels 80. Todestag unter: "Erwin Rommel in Blaustein und Heidenheim: Zwischen Verehrung und Verachtung"

Dieser Beitrag erfüllt das vom SWR behauptete Qualitätsniveau sicher nicht. Nach der Abschnittsüberschrift "Das sagen Historiker und Künstler zur Figur Erwin Rommel" werden nicht etwa angesehene Militärhistoriker wie Dr. Peter Lieb, Prof. Dr. Sönke Neitzel oder der Historiker Prof. Dr. Wolfram Pyta zitiert, die sich zuvor schon im SWR über Rommel geäußert hatten. Allein der in der Geschichtswissenschaft ohne Resonanz gebliebene (Schweitzer/Lieb aaO S. 71 FN 40) Sozialwissenschaftler Dr. Wolfgang Proske aus Gerstetten und der Künstler Rainer Jooß aus Heidenheim kommen zu Wort. Es stimmt also schon nicht der Plural in der Überschrift (Historiker und Künstler) mit der Anzahl der dann Zitierten überein. Der schlichte Beitrag Dr. Proskes verstößt sogar gegen Gesetze der Physik: "Mit der NS-Generation, die langsam weggestorben ist, verdunstet nicht nur sein (Rommels) Ansehen, sondern überhaupt seine Bekanntheit". Das Ansehen eines Menschen kann indes nicht wie Wasser (unterhalb des Siedepunkts) vom flüssigen in den gasförmigen Aggregatzustand übergehen. Das Ansehen eines Menschen ist an die Vorstellung gebunden, die die noch Lebenden von diesem Menschen haben. Die Angehörigen der "NS-Generation", - nach dieser Diktion waren wohl ausnahmslos alle NS-Anhänger - bei denen Rommel Ansehen hatte, nahmen diese Einstellung schlicht mit ins Grab. Die Bekanntheit Rommels kann auch nicht verdunsten. Entweder ist Rommel jemandem bekannt oder nicht. Es bleibt auch die Frage ungeklärt, warum Rommel bei der Nach-NS-Generation noch bekannt ist und Ansehen hat. Warum Rommel als Figur und nicht als Mensch betrachtet wird, erschließt sich auch nicht.

Rommel wird vorgeworfen, dass "Rommels Panzerarmee die Minenfelder zurückließ". Wie das Mitführen der vergrabenen Minen nach verlorener Schlacht unter Feuer der nachrückenden Briten hätte gelingen sollen, haben bisher die Historiker, die solche Vorwürfe erhoben haben und die Journalisten, die Solches ungeprüft wiederholen, nicht erklären können. Selbst eine vermeintlich positive Aussage über Rommel ist leider falsch. Rommel hat nicht "das Afrika-Korps gegen den Willen Hitlers aus Nordafrika zurückgezogen und damit sowohl vielen eigenen, als auch gegnerischen Soldaten das Leben gerettet". Das Afrika-Korps verharrte in Afrika. Ca 300.000 deutsche Soldaten überlebten in alliierter Kriegsgefangenschaft. Voraussetzung dafür war, dass Rommel im Oktober 1942 entgegen Hitlers Haltebefehl den Rückzug angetreten hatte. An die SWR-Redaktion in Aalen gerichtete Gegenvorstellungen blieben ohne Antwort.


5. zur strafgerichtlichen Beweiswürdigung

Eine ins Einzelne gehende Darstellung von Rommels Stellung gegenüber dem "militärischen Widerstand" nach den Regeln strafgerichtlicher Beweisführung folgt hier unter V.

Nachweise zur Beweiswürdigung durch Strafgerichte: Brause Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) 2007, S. 505ff; 2013, S. 129 ff; NStZ Rechtsprechungsreport Strafrecht 2010 S. 329 ff.; Juristische Rundschau 2013, S. 134 ff.; umfassend: Häcker/Schwarz Tatsachenfeststellung vor Gericht 5. Aufl. München 2020